30.3.1941

Franz Halder, Kriegstagebuch

Franz Halder
Franz Halder

30. 3. 1941 (Sonntag)... 11 Uhr Generals-Versammlung beim Führer: Fast 2 1/2 stündige Ansprache: Lage nach dem 30. 6. 1940. Fehler Englands, die Möglichkeit eines Friedens auszuschlagen. Schilderung der weiteren Ereignisse. Scharfe Kritik an italienischer Kriegführung und Politik. Vorteile für Englands Lage aus den Mißerfolgen Italiens.

England setzt seine Hoffnung auf Amerika und Rußland. Höchstleistung erst in 4 Jahren; Transportproblem.

Rußlands Rolle und Möglichkeiten. Begründung der Notwendigkeit, die russische Lage zu bereinigen. Nur so werden wir in der Lage sein, in zwei Jahren materiell und personell unsere Aufgaben in der Luft und auf den Weltmeeren zu meistern, wenn wir die Landfragen endgültig und gründlich lösen.

Unsere Aufgaben gegenüber Rußland: Wehrmacht zerschlagen, Staat auflösen...

Problem des russischen Raumes: Unendliche Weite des Raumes macht Konzentration auf entscheidende Punkte notwendig. Masseneinsatz von Luftwaffe und Panzern an entscheidender Stelle. Luftwaffe kann diesen Riesenraum nicht gleichzeitig beackern, sie kann bei Kriegsbeginn nur Teile der Riesenfront beherrschen. Ihr Einsatz muß daher in engster Beziehung zur Landoperation erfolgen. Der Russe wird versagen gegenüber dem Masseneinsatz von Tanks und Luftwaffe.

Keine Illusionen über Verbündete! Finnen werden tapfer kämpfen, sind aber zahlenmäßig schwach und nicht erholt [nach dem Winterkrieg 1939/40]. Mit Rumänien ist gar nichts anzufangen. Vielleicht werden sie hinter einem ganz starken Hindernis (Fluß) zur Sicherung da ausreichen, wo nicht angegriffen wird. Antonescu hat sein Heer vergrößert, statt es zu verkleinern und zu verbessern. Das Schicksal großer deutscher Verbände darf nicht abhängig gemacht werden von der Standfestigkeit des rumänischen Verbandes...

Frage des russischen Ausweichens: Nicht wahrscheinlich, da Bindung an Ostsee und Ukraine. Wenn der Russe sich absetzen sollte, müßte er es sehr frühzeitig tun, sonst kommt er nicht mehr in Ordnung weg.

Nach Lösung der Aufgaben im Osten werden 50-60 Divisionen (Panzer) genügen. Ein Teil der Landmacht wird entlassen werden können für Rüstungsarbeiten für Luftwaffe und Marine, ein Teil wird für andere Aufgaben benötigt sein, z. B. Spanien. Koloniale Aufgaben!

Kampf zweier Weltanschauungen gegeneinander. Vernichtendes Urteil über Bolschewismus, ist gleich asoziales Verbrechertum. Kommunismus ungeheure Gefahr für die Zukunft. Wir müssen von dem Standpunkt des soldatischen Kameradentums abrücken. Der Kommunist ist vorher kein Kamerad und nachher kein Kamerad. Es handelt sich um einen Vernichtungskampf. Wenn wir es nicht so auffassen, dann werden wir zwar den Feind schlagen, aber in 30 Jahren wird uns wieder der kommunistische Feind gegenüberstehen. Wir führen nicht Krieg, um den Feind zu konservieren.

Künftiges Staatenbild: Nordrußland gehört zu Finnland. Protektorate Ostseeländer, Ukraine, Weißrußland.

Kampf gegen Rußland: Vernichtung der bolschewistischen Kommissare und der kommunistischen Intelligenz.

Die neuen Staaten müssen sozialistische Staaten sein, aber ohne eigene Intelligenz. Es muß verhindert werden, daß eine neue Intelligenz sich bildet. Hier genügt eine primitive sozialistische Intelligenz.

Der Kampf muß geführt werden gegen das Gift der Zersetzung. Das ist keine Frage der Kriegsgerichte. Die Führer der Truppe müssen wissen, worum es geht. Sie müssen in dem Kampf führen. Die Truppe muß sich mit den Mitteln verteidigen, mit denen sie angegriffen wird. Kommissare und GPU-Leute sind Verbrecher und müssen als solche behandelt werden.

Deshalb braucht die Truppe nicht aus der Hand der Führer zu kommen. Der Führer muß seine Anordnungen im Einklang mit dem Empfinden der Truppe treffen.

Der Kampf wird sich sehr unterscheiden vom Kampf im Westen. Im Osten ist Härte mild für die Zukunft.

Die Führer müssen von sich das Opfer verlangen, ihre Bedenken zu überwinden....

Quelle:

  1. Hans-Adolf Jacobsen
    Der Weg zur Teilung der Welt
    Koblenz/Bonn, 1977, S. 108f

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