27.01.1932

Rede Adolf Hitlers vor westdeutschen Wirtschaftlern im Industrieklub in Düsseldorf am 27. Januar 1932 [Auszug].

Wenn heute die nationalsozialistische Bewegung in weiten Kreisen Deutschlands als antiwirtschaftlich eingestellt gilt, dann glaube ich, liegt der Grund darin, daß wir zu den Ereignissen, welche die Entwicklung zur heutigen Lage bedingten, seinerzeit eine andere Stellung einnahmen als die sonstigen Organisationen, die im öffentlichen Leben von Bedeutung sind. Auch jetzt unterscheidet sich unsere Auffassung in vielem von der unserer Gegner.

Nach unserer Überzeugung hat die Not nicht ihre letzte und tiefste Ursache in allgemeinen Weltvorgängen, die damit ja auch mehr oder weniger Korrekturmöglichkeiten für ein einzelnes Volk von vornherein ausschließen würden. Wenn es richtig wäre, daß die deutsche Not ihre zwangsläufige Ursache lediglich in einer sogenannten Weltkrise findet — einer Weltkrise, auf deren Verlauf wir naturgemäß als Volk keinen oder nur einen verschwindenden Einfluß ausüben können — dann wäre die Zukunft für Deutschland als trostlos zu bezeichnen. Wie soll sich überhaupt ein Zustand ändern, für den es keine direkt Schuldigen gibt. Meiner Ansicht nach muß die Auffassung, nach der die Weltkrise allein schuld ist, in der Folge zu einem gefährlichen Pessimismus führen. Es ist nun einmal natürlich, daß, je mehr die Ursachen eines Zustandes der Beeinflussungsmöglichkeit des einzelnen entzogen werden, desto mehr der einzelne auch daran verzweifeln wird, einen solchen Zustand je noch ändern zu können. Das Ergebnis muß allmählich eine gewisse Lethargie sein, eine Gleichgültigkeit, ja am Ende vielleicht Verzweiflung.

Denn ich halte es für wichtig, vor allem mit der Auffassung der Weltbedingtheit unseres Schicksals grundsätzlich zu brechen. Es ist nicht wahr, daß unsere Not ihre letzte Ursache in einer Weltkrise, in einer Weltkatastrophe hat, sondern richtig ist, daß wir in eine allgemeine Krise hineingerieten, weil bei uns von vornherein gewisse Fehler gemacht worden sind. Ich kann nicht sagen: „Nach allgemeiner Auffassung ist der Friedensvertrag von Versailles die Ursache unseres Unglücks.“ Was ist der Friedensvertrag von Versailles anderes als ein Menschenwerk? Es ist nicht etwas von der Vorsehung uns Aufgebürdetes. Es ist ein Menschenwerk, für das selbstverständlich auch wieder Menschen mit ihren Vorzügen oder mit ihren Fehlern verantwortlich gemacht werden müssen. Wäre es anders, wie sollten dann Menschen dieses Werk überhaupt wieder beseitigen können! Ich bin der Meinung, daß es keinen durch menschliches Wollen veranlaßten Vorgang gibt, der nicht auch wieder durch ein anderes menschliches Wollen zu ändern wäre.

Sowohl der Friedensvertrag von Versailles als auch sämtliche Folgen dieses Vertrages sind das Ergebnis einer Politik gewesen, die man vielleicht vor fünfzehn, vierzehn oder dreizehn Jahren zumindest in den Feindstaaten als richtig ansah, die, von uns aus betrachtet, aber verhängnisvoll sein mußte, wenn sie auch noch vor zehn und weniger Jahren von Millionen von Deutschen gedeckt wurde und sich heute in ihrer ganzen Unmöglichkeit enthüllt. Ich muß also feststellen, daß auch in Deutschland eine unbedingte Schuld an diesen Vorgängen vorhanden sein muß, wenn ich überhaupt glauben will, daß das deutsche Volk noch Einfluß auf den Wandel dieser Verhältnisse ausüben könne.

Es ist meines Erachtens auch falsch, zu sagen, daß das derzeitige Leben Deutschlands nur von außenpolitischen Gesichtspunkten bestimmt werde, daß das Primat der Außenpolitik unser ganzes inneres Leben heute regle. Gewiß kann ein Volk so weit kommen, daß außenpolitische Verhältnisse sein inneres Leben völlig beeinflussen und bestimmen. Aber man sage nicht, daß dieser Zustand dann ein natürlicher oder von vornherein gewollter sei. Es ist vielmehr wichtig, daß ein Volk die Voraussetzungen schafft für einen Wandel dieser Zustände.

Wenn mir jemand sagt, daß die Außenpolitik in erster Linie entscheidend sei für das Leben eines Volkes, dann muß ich vorher die Frage stellen: Was heißt denn überhaupt „Politik“? (...) Die Politik ist nichts anderes und kann nichts anderes sein als die Wahrnehmung der Lebensinteressen eines Volkes und die praktische Durchführung seines Lebenskampfes mit allen Mitteln. Es ist somit ganz klar, daß dieser Lebenskampf zunächst seinen Ausgang vom Volk selbst nimmt, und daß das Volk gleichzeitig das Objekt, der Wert an sich ist, der erhalten werden soll. Alle Funktionen dieses Volkskörpers sollen letzten Endes nur einen Zweck erfüllen, die Erhaltung eben dieses Körpers für die Zukunft sicherzustellen. Ich kann darum weder sagen, daß die Außenpolitik, noch daß die Wirtschaftspolitik von primärer Bedeutung ist. Natürlich wird ein Volk, um leben zu können, einer Wirtschaft bedürfen. Allein diese Wirtschaft ist auch nur eine der Funktionen dieses Volkskörpers, um existieren zu können. Wesentlich aber ist zunächst der Ausgangspunkt selbst, nämlich das Volk an sich.

Man darf nicht sagen, daß die Außenpolitik den Weg eines Volkes ausschlaggebend bestimme, sondern man muß sagen, daß zunächst das Volk in seinem inneren Wert, in der Organisation und in der Erziehung zu diesem Werte sich selbst seinen Weg innerhalb der umgebenden Welt vorzeichnet. Ich darf nicht sagen, daß die Außenpolitik das Volk irgendwie maßgeblich im Werte verändern könnte, sondern ich muß sagen: Jedes Volk hat den Kampf für die Wahrnehmung seiner Interessen zu führen und kann nur den Kampf führen, der seinem innersten Wesen, seinem Werte, seinen Fähigkeiten, der Güte seiner Organisation usw. entspricht. Natürlich werden dann auch die außenpolitischen Verhältnisse wieder rückwirkende Einflüsse ausüben. Allein wir erleben es ja: Welch ein Unterschied in der Reaktion der einzelnen Völker auf außenpolitische Verhältnisse! Die Reaktion wird bestimmt durch die innere Verfassung, durch den inneren Wert, durch die Veranlagung, durch die Fähigkeiten eines jeden Volkes. Ich kann daher feststellen, daß selbst bei gleichbleibendem Grundwert einer Nation Verschiebungen in der inneren Organisation des Lebens dieser Nation bereits zu einer Veränderung der Stellungnahme nach außen führen können.

Es ist daher falsch, zu sagen, daß die Außenpolitik ein Volk forme; vielmehr regeln die Völker ihre Beziehungen zur übrigen Welt entsprechend den ihnen innewohnenden Kräften und entsprechend der Erziehung zum Einsatz dieser Kräfte. Wir können ganz überzeugt sein, daß, wenn an Stelle des heutigen Deutschlands ein anderes Deutschland gestanden hätte, auch die Stellungnahme zur übrigen Welt wesentlich anders gewesen wäre. Vermutlich würden aber damit auch die Einflüsse der übrigen Welt in einer anderen Form in Erscheinung getreten sein. Dies abstreiten bedeutet: Deutschlands Schicksal kann nicht mehr geändert werden, ganz gleichgültig, welches Regiment in Deutschland herrscht. Wenn eine solche Auffassung vertreten wird, so kann man auch sofort die Wurzel und die Erklärung hierfür finden: immer sind die Behauptungen, daß das Schicksal eines Volkes nur vom Auslande bestimmt wird, Ausflüchte schlechter Regierungen gewesen. Schwache und schlechte Regierungen haben zu allen Zeiten mit diesem Argument gearbeitet, um damit ihr eigenes Versagen oder das ihrer Vorgänger, das Versagen ihrer ganzen traditionsgebundenen und festgelegten Richtung zu entschuldigen und von vornherein zu erklären: Jeder andere an dieser Stelle könnte es nicht anders machen. Denn was könnte er Verhältnissen gegenüber, die nun einmal feststehen und in der übrigen Welt wurzeln, mit seinem Volke — das dann natürlich auch als ein festgelegter Wert aufgefaßt werden muß — beginnen?

Ich vertrete demgegenüber eine andere Erkenntnis: Drei Faktoren bestimmen wesentlich das politische Leben eines Volkes:

Erstens der innere Wert eines Volkes, der als Erbmasse und Erbgut durch die Generationen hindurch immer und immer wieder weitergegeben wird, ein Wert, der nur dann eine Veränderung erfährt, wenn der Träger dieses Erbgutes, das Volk, sich in seiner inneren blutsmäßigen Zusammensetzung selbst verändert. Sicher ist, daß bestimmte Charakterzüge, bestimmte Tugenden und bestimmte Laster bei Völkern solange immer wiederkehren, solange ihre innere Natur, ihre blutsmäßige Zusammensetzung sich nicht wesentlich geändert hat. Ich kann die Tugenden und die Laster unseres deutschen Volkes bei den römischen Schriftstellern schon genau so feststellen, wie ich sie heute sehe. Dieser innere, das Leben des Volkes bestimmende Wert kann aber, wenn nicht durch blutsmäßige Veränderung der Substanz, durch nichts beseitigt werden. Vorübergehend mögen ihn unlogische Organisation des Lebens oder unvernünftige Erziehung beeinträchtigen. Aber dann wird nur seine Auswirkung verhindert, während der Grundwert an sich nach wie vor vorhanden ist. Dieser ist der große Quell aller Hoffnungen für den Wiederaufstieg eines Volkes. Hier liegt das Recht, zu glauben, daß ein Volk, das im Laufe von Jahrtausenden zahllose Beispiele höchsten inneren Wertes gegeben hat, nicht plötzlich von heute auf morgen diesen angeborenen, erbmäßig übernommenen Wert verloren haben kann, sondern daß dieses Volk eines Tages diesen Wert wieder zur Wirksamkeit bringt (...)

Ich sagte, daß dieser Wert verdorben werden kann. Es sind aber vor allem noch zwei andere innerlich verwandte Erscheinungen, die wir in den Verfallszeiten der Nationen immer wieder feststellen können. Die eine ist der Ersatz des Persönlichkeitswertes durch einen nivellierenden, zahlenmäßigen Begriff, in der Demokratie. Die andere ist die Negierung des Volkswertes, die Verneinung der Verschiedenartigkeit der Veranlagung, der Leistung usw. der einzelnen Völker. Wobei die beiden Erscheinungen einander bedingen oder zumindest in der Entwicklung beeinflussen. Internationalismus und Demokratie sind unzertrennliche Begriffe. Es ist nur logisch, daß die Demokratie, die im Inneren eines Volkes den besonderen Wert des einzelnen negiert und einen Gesamtwert, einen Zahlenwert an dessen Stelle setzt, im Völkerleben genau so verfährt und dort zum Internationalismus ausartet. Im großen heißt es: Es gibt keine angeborenen Volkswerte, sondern es treten höchstens vielleicht augenblickliche Erziehungsunterschiede in Erscheinung: aber zwischen Negern, Ariern, Mongolen und Rothäuten besteht kein wesentlicher Wertunterschied. Diese Auffassung, die die Basis unserer ganzen heutigen internationalen Gedankenwelt ist und in ihren Auswirkungen so weit führt, daß endlich ein Neger in den Sitzungen des Völkerbundes präsidieren kann, führt zwangsläufig in der weiteren Konsequenz dahin, daß man gleicherweise erst recht innerhalb eines Volkes Unterschiede im Werte der einzelnen Angehörigen dieses Volkes negiert. Damit kann natürlich auch jede vorhandene besondere Fähigkeit, jeder verborgene Grundwert eines Volkes praktisch wirkungslos gemacht werden. Denn die Größe eines Volkes ergibt sich nicht aus der Summierung aller Leistungen, sondern letzten Endes aus der Summierung der Spitzenleistungen. Man sage nicht, daß das Bild, das die Kultur der Menschen als ersten Eindruck vermittelt, der Eindruck der Gesamtleistung sei. Dieses ganze Kulturgebäude ist in den Fundamenten und in allen Steinen nichts anderes als das Ergebnis der schöpferischen Fähigkeit, der Leistung, der Intelligenz, des Fleißes einzelner Menschen, in den größten Ergebnissen auch die große Schlußleistung einzelner gottbegnadeter Genies, in den Durchschnittsergebnissen die Leistung der durchschnittlich fähigen Menschen und im Gesamtergebnis zweifellos das Resultat aus der Anwendung der menschlichen Arbeitskraft zur Verwertung der Schöpfungen von Genies und Talenten. Damit aber ist es natürlich, daß, wenn die immer in der Minderzahl befindlichen fähigen Köpfe einer Nation wertmäßig gleichgesetzt werden all den anderen, damit langsam eine Majorisierung des Genies, eine Majorisierung der Fähigkeit und des Persönlichkeitswertes eintreten muß, eine Majorisierung, die man fälschlicherweise dann mit Volksherrschaft bezeichnet. Denn dies ist nicht Volksherrschaft, sondern in Wirklichkeit Herrschaft der Dummheit, der Mittelmäßigkeit, der Halbheit, der Feigheit, der Schwäche, der Unzulänglichkeit. Es ist mehr Volksherrschaft, ein Volk auf allen Gebieten des Lebens von seinen fähigsten, dafür geborenen Einzelwesen regieren und leiten zu lassen, als alle Gebiete des Lebens von einer jeweils diesen Gebieten naturnotwendigerweise fremd gegenüberstehenden Majorität verwalten zu lassen.

Damit aber wird die Demokratie praktisch zur Aufhebung der wirklichen Werte eines Volkes führen. Es ist daher auch erklärlich, daß Völker mit einer großen Vergangenheit, von dem Zeitpunkte an, da sie sich unbegrenzter demokratischer Massenherrschaft Eingaben, langsam ihre frühere Stellung einbüßten, denn die vorhandenen und möglichen Spitzenleistungen einzelner auf allen Gebieten des Lebens werden nunmehr dank der Vergewaltigung durch die Zahl praktisch unwirksam gemacht. Damit aber wird ein solches Volk allmählich nicht nur an kultureller, nicht nur an wirtschaftlicher Bedeutung, sondern an Gesamtbedeutung überhaupt verlieren. Es wird in verhältnismäßig kurzer Zeit im Rahmen der übrigen Welt nicht mehr den Wert von ehedem darstellen. Es muß damit aber auch zwangsläufig eine Verschiebung in seiner Interessenwahrnehmung der übrigen Welt gegenüber eintreten. Es ist nicht gleichgültig, ob ein Volk etwa in eine Zeit von 1807 bis 1813 unter der Führung fähigster Köpfe hineingeht, denen eine unerhörte Autorität gegeben wird, oder ob es in eine ähnliche Zeit wie 1918 bis 1921 unter der Führung des parlamentarischen Massenwahns marschiert. In einem Fall sieht man als Ergebnis des inneren Lebensaufbaues der Nation höchste Leistungen, die wohl im Volkswert schon begründet sind, aber deren Auswirkungen so erst ermöglicht werden, während im anderen Falle sogar der an sich vorhandene Wert nicht mehr in Erscheinung tritt. Ja, es kann soweit kommen, daß dann ein unbedingt fleißiges Volk, in dessen ganzen Leben sich scheinbar kaum etwas geändert hat — besonders im Hinblick auf die Anstrengungen des einzelnen — in seiner Gesamtleistung so viel verliert, daß sie der Welt gegenüber nicht mehr ins Gewicht fällt.

Es kommt aber noch ein Drittes hinzu: Nämlich die Meinung, daß das Leben auf dieser Welt, nachdem man schon den Persönlichkeitswert und den besonderen Volkswert leugnet, nicht durch Kampf erhalten werden müsse. Eine Auffassung, die vielleicht belanglos wäre, wenn sie sich nur in einzelnen Köpfen festsetzte, die aber von entsetzlichen Folgen ist, weil sie langsam ein ganzes Volk vergiftet. Es ist nicht so, daß derartige allgemeinweltanschauliche Veränderungen nur an der Oberfläche blieben oder nur reim geistige Vorgänge bedeuteten. Nein, sie wirken sich über kurz oder lang bis in die Tiefe hinein aus, alle Lebensäußerungen des Volkes beeinflussend.

Ich darf Ihnen ein Beispiel anführen: Sie haben die Auffassung, meine Herren, daß die deutsche Wirtschaft aufgebaut sein müsse auf dem Gedanken des Privateigentums. Nun können Sie einen solchen Gedanken des Privateigentums praktisch nur dann aufrecht erhalten, wenn er irgendwie auch logisch fundiert erscheint. Dieser Gedanke muß seine ethische Begründung aus der Einsicht in die naturgegebene Notwendigkeit ziehen (...) Und da muß ich sagen: das Privateigentum ist nur dann moralisch und ethisch zu rechtfertigen, wenn ich annehme, daß die Leistungen der Menschen verschieden sind. Erst dann kann ich feststellen: weil die Leistungen der Menschen verschieden sind, sind auch die Ergebnisse der Leistungen verschieden. Wenn aber die Ergebnisse der Leistungen der Menschen verschieden sind, ist es zweckmäßig, auch die Verwaltung dieser Ergebnisse ungefähr im entsprechenden Verhältnis den Menschen zu überlassen. Es würde unlogisch sein, die Verwaltung des Ergebnisses einer bestimmten, an eine Persönlichkeit gebundenen Leistung dem nächstbesten Minderleistungsfähigen oder einer Gesamtheit zu übertragen, die schon durch die Tatsache, daß sie die Leistung nicht vollbrachte, bewiesen hat, daß sie nicht fähig sein kann, das Ergebnis zu verwalten. Damit muß zugegeben werden, daß die Menschen wirtschaftlich nicht auf allen Gebieten von vornherein gleich wertvoll, gleich bedeutend sind. Dies zugegeben, ist es jedoch Wahnsinn, zu sagen: Auf wirtschaftlichem Gebiete sind unbedingt Wertunterschiede vorhanden, auf politischem Gebiete aber nicht! Es ist ein Widersinn, wirtschaftlich das Leben auf dem Gedanken der Leistung, des Persönlichkeitswertes, damit praktisch auf der Autorität der Persönlichkeit aufzubauen, politisch aber diese Autorität der Persönlichkeit zu leugnen und das Gesetz der größeren Zahl, die Demokratie, an dessen Stelle zu schieben. Es muß damit langsam ein Zwiespalt zwischen der wirtschaftlichen und der politischen Auffassung entstehen; den zu überbrücken man durch Angleichung der ersteren an die letztere versuchen wird — versucht hat, denn dieser Zwiespalt ist nicht nur blanke, blasse Theorie geblieben. Der Gedanke der Gleichheit der Werte ist unterdessen nicht nur politisch, sondern auch schon wirtschaftlich zum System erhoben worden. Und nicht etwa bloß in einer abstrakten Theorie : nein, dieses wirtschaftliche System lebt in gigantischen Organisationen — ja, es hat heute bereits ein Riesengebiet staatlich erfaßt.

Ich kann aber nicht zwei Grundgedanken als auf die Dauer möglich und tragend für das Leben eines Volkes ansehen. Ist die Auffassung richtig, daß die menschliche Leistung unterschiedlich ist, muß es auch richtig sein, daß der Wert der Menschen im Hinblick auf die Hervorbringung bestimmter Leistungen verschieden ist. Es ist dann aber unsinnig, dies nur in bezug auf ein bestimmtes Gebiet gelten lassen zu wollen, auf dem Gebiet der Wirtschaft und ihrer Führung, aber nicht auf dem Gebiet der Führung des Gesamtkampfes um das Leben, nämlich auf dem Gebiet der Politik. Es ist vielmehr logisch, daß, wenn ich auf dem Gebiet der Wirtschaft die absolute Anerkennung der besonderen Leistungen als die Voraussetzung jeder höheren Kultur anerkenne, ich dann politisch ebenso die besondere Leistung und damit die Autorität der Persönlichkeit voranstellen muß. Wenn aber demgegenüber behauptet wird — und zwar gerade von wirtschaftlicher Seite — , daß auf politischem Gebiet besondere Fähigkeiten nicht nötig seien, sondern daß hier eine absolute Gleichförmigkeit der Leistung bestehe, dann wird man eines Tages diese selbe Theorie von der Politik auch auf die Wirtschaft übertragen. Der politischen Demokratie analog ist auf wirtschaftlichem Gebiet aber der Kommunismus. Wir befinden uns heute in einer Periode, in der diese beiden Grundprinzipien in allen Grenzgebieten miteinander ringen und auch bereits in die Wirtschaft eindringen (...)

Man kann nicht annehmen, daß in diesem Ringen plötzlich ein Stillstand eintreten könnte. Nein, im Gegenteil: dieses Ringen wird fortgesetzt, bis eine Nation entweder endgültig im Internationalismus und in der Demokratie versinkt und damit der völligen Auflösung anheimfällt oder sich wieder eine neue logische Form des inneren Lebens schafft.

Daraus ergibt sich, daß die Erziehung zum Pazifismus sich notwendigerweise bis ins kleinste Einzelleben auswirken muß. Der Gedanke des Pazifismus ist logisch, wenn ich eine allgemeine Völker und Menschengleichheit annehme. Denn was soll dann der Kampf noch für einen Sinn haben? Der Gedanke des Pazifismus in die praktische Wirklichkeit und auf alle Gebiete übersetzt, muß langsam zu einer Zerstörung des Konkurrenztriebes, des Ehrgeizes zur besonderen Leistung jeder Art führen. Ich kann nicht sagen: Politisch werden wir Pazifisten, verwerfen wir den Gedanken der Notwendigkeit, sich das Leben durch Kampf zu bewahren — wirtschaftlich aber wollen wir scharfe Konkurrenten bleiben. Wenn ich den Kampfgedanken an sich beseitige, ist es ganz belanglos, wenn er für Einzelgebiete noch bleibt. Über die Leistungen im einzelnen sind am Ende politische Entschlüsse entscheidend. Sie können durch 50 Jahre auf dem Boden des Autoritätsstandpunktes, auf dem Boden des Leistungsprinzips die beste Wirtschaft aufrichten; Sie können durch 50 Jahre Vermögen anhäufen und Sie können in drei Jahren verfehlter politischer Entschlüsse alle Ergebnisse dieser 50 Jahre wieder zerstören. Das ist auch selbstverständlich, weil eben die politischen Entschlüsse aus einer anderen Wurzel gezogen wurden als die aufbauenden wirtschaftlichen.

Zusammenfassend: Ich sehe zwei Prinzipien, die sich schroff gegenüberstehen: das Prinzip der Demokratie, das überall, wo es sich praktisch auswirkt, das Prinzip der Zerstörung ist. Und das Prinzip der Autorität der Persönlichkeit, das ich als das Leistungsprinzip bezeichnen möchte, weil alles, was überhaupt Menschen bisher leisteten, alle menschlichen Kulturen nur aus der Herrschaft dieses Prinzips heraus denkbar sind.

Der Wert eines Volkes an sich, die Art der inneren Organisation, durch die dieser Wert sich auswirken soll, und die Art der Erziehung sind die Ausgangspunkte für das politische Handeln eines Volkes und und damit die Grundlagen für die Ergebnisse dieses Handelns.

Glauben Sie doch nicht, daß ein Volk, das sich so seiner Werte beraubte wie das deutsche, in früheren Jahrhunderten besser fuhr, ob Weltkrise oder nicht. Wenn ein Volk den Weg nimmt, den wir genommen haben — praktisch schon seit dreißig oder fünfunddreißig Jahren, offiziell seit dreizehn Jahren — , dann kann es nirgends anders hingelangen als dorthin, wo sich zur Zeit Deutschland befindet. Daß sich nun heute die Krisenerscheinungen fast über die ganze Welt hin verbreiten, ist verständlich, wenn man bedenkt, daß die Erschließung der Welt heute in einem Umfang erfolgt ist und die gegenseitigen Beziehungen in einer Weise verstärkt sind, wie es vor 50, 80 oder 100 Jahren kaum möglich schien. Und trotzdem ist es falsch, zu glauben, daß der Vorgang nur jetzt, im Jahre 1932, denkbar sei. Nein, ähnliches hat die Weltgeschichte schon mehr als einmal erlebt. Immer dann, wenn bestimmte Beziehungen der Völker entsprechende Lagen schufen, mußte eine Erkrankung dieser Völker um sich greifen und die Gesamtlage beeinflussen.

Es ist natürlich billig zu sagen: Wir wollen warten, bis die allgemeine Lage sich ändert. Das ist unmöglich. Denn die Lage, die Sie heute vor sich sehen, ist nicht etwa die Folge einer göttlichen Willensoffenbarung, sondern das Ergebnis menschlicher Schwächen, menschlicher Fehler, menschlicher Trugschlüsse. Es ist nur natürlich, daß zuerst in diesen Ursachen eine Wandlung eintreten muß und somit zuerst die Menschen einem inneren Wandel anheimgegeben werden müssen, ehe man mit einer Änderung der Lage rechnen darf ...

Wenn die deutsche Not auf dem Wege von Notverordnungen zu beheben wäre, dann wären all die großen Gesetzgeber vergangener Jahrtausende Stümper gewesen, die in ähnlichen Verhältnissen versuchten, den Volkskörper zu regenerieren, um mit Hilfe dieser neu geschaffenen Kraftquelle neue und heilsame Entschlüsse durchführen zu können. Es ist gänzlich belanglos, was die augenblickliche deutsche Regierung will, wie es auch belanglos ist, was die deutsche Wirtschaft will oder wünscht. Es ist wesentlich, einzusehen, daß wir uns augenblicklich wieder in einem Zustande befinden, wie er schon einige Male in der Weit bestand: schon einige Male war der Umfang bestimmter Produktionen in der Welt über den Rahmen des Bedarfs hinausgewachsen. Heute erleben wir ein Gleiches im allergrößten Stil: wenn alle Automobilfabriken, die es zur Zeit auf der Welt gibt, hundertprozentig beschäftigt würden und hundertprozentig arbeiten würden, dann könnte man den gesamten Kraftwagenbestand in 4 1/2 oder 5 Jahren ersetzen. Wenn alle Lokomotivfabriken hundertprozentig beschäftigt würden, könnte man das gesamte Lokomotivmaterial der Welt in acht Jahren glatt erneuern. Wenn sämtliche Schienenfabriken und Walzwerke der Welt hundertprozentig beschäftigt würden, könnte man vielleicht in 10 bis 15 Jahren das gesamte Schienennetz, das die Welt besitzt, noch einmal um die Welt herumlegen. Das gilt für fast alle Industrien. Es ist eine derartige Steigerung der Produktionsfähigkeit erzielt worden, daß der augenblicklich mögliche Absatzmarkt in keinem Verhältnis mehr dazu steht. Wenn aber der Bolschewismus als Weltidee den asiatischen Kontinent aus der menschlichen Wirtschaftsgemeinschaft herausbricht, dann sind auch nicht annähernd mehr die Voraussetzungen zur Beschäftigung dieser gigantisch entwickelten Industrien vorhanden. Dann befinden wir uns industriell ungefähr in dem gleichen Stadium, in dem sich die Welt auf anderen Gebieten schon einige Male befunden hat. Schon einige Male war z. B. der Tonnageraum der Seeschiffahrt viel größer als die zu verfrachtende Warenmenge. Schon einige Male sind damit bestimmte Wirtschaftsgruppen schweren Krisen ausgeliefert worden. Wenn Sie die Geschichte nachlesen und die Wege studieren, die hier zur Abhilfe gewählt worden sind, dann werden Sie zusammengefaßt immer eines finden: Man paßte nicht die Warenmenge der Tonnage an, sondern die Tonnage wurde der Warenmenge angepaßt — und zwar nicht durch freiwillige wirtschaftliche Entschlüsse von Reedereien, sondern durch politische Machtentscheidungen. Wenn mir ein Politiker oder Wirtschaftler entgegenhält: das war allerdings einst der Fall zwischen Rom und Karthago, zwischen England und Holland oder zwischen England und Frankreich, heute aber entscheidet die Wirtschaft, so kann ich nur entgegnen: das ist nicht der Geist, der einst der weißen Rasse die Welt, der auch uns Deutschen den Weg in die Weltwirtschaft öffnete. Denn nicht die deutsche Wirtschaft eroberte die Welt, und dann kam die deutsche Machtentwicklung, sondern auch bei uns hat erst der Machtstaat der Wirtschaft die allgemeinen Voraussetzungen für die spätere Blüte geschaffen. Es heißt in meinen Augen, das Pferd von rückwärts aufzäumen, wenn man heute glaubt, mit wirtschaftlicher Methodik etwa die Machtstellung Deutschlands wieder zurückgewinnen zu können, statt einzusehen, daß die Machtposition die Voraussetzung auch für die Hebung der wirtschaftlichen Situation ist. Das bedeutet nicht, daß man nicht heute oder morgen versuchen soll, der Krankheit, die unsere Wirtschaft erfaßt hat, entgegenzutreten, auch wenn man den Krankheitsherd nicht gleich treffen kann. Aber es heißt, daß jede solche äußere Lösung am Kern des Problems vorbeigeht, daß es nur eine grundsätzliche Lösung gibt.

Sie beruht auf der Erkenntnis, daß zusammenbrechende Wirtschaften immer als Vorläufer den zusammenbrechenden Staat haben und nicht umgekehrt, daß es keine blühende Wirtschaft gibt, die nicht vor sich und hinter sich den blühenden mächtigen Staat als Schutz hat, daß es keine karthagische Wirtschaft gab ohne karthagische Flotte und keinen karthagischen Handel ohne karthagische Armee, und daß es selbstverständlich auch in der Neuzeit — wenn es hart auf hart geht und die Interessen der Völker aufeinanderprallen — keine Wirtschaft geben kann, ohne daß hinter dieser Wirtschaft der absolut schlagkräftige politische Wille der Nation steht.

Ich möchte hier Verwahrung dagegen einlegen, daß diese Tatsachen einfach mit der Behauptung abgetan werden: der Friedensvertrag von Versailles sei „nach fast allgemeiner Auffassung“ die Ursache unseres Unglücks. Nein, durchaus nicht „nach fast allgemeiner“, sondern nach Auffassung derjenigen, die mitschuldig sind an seiner Abschließung.

Der Friedensvertrag von Versailles ist selbst nur die Folgeerscheinung unserer langsamen inneren geistigen Verwirrung und Verirrung. Wir befinden uns nun einmal in einem Zeitalter, in dem die Welt außerordentlich schweren und sie durchrüttelnden geistigen Kämpfen entgegengeht. Ich kann um diese Kämpfe nicht herumkommen, indem ich mit Bedauern einfach die Achseln zucke und — ohne mir die Ursachen klarzumachen — sage: „Einigkeit tut not!“ Diese Kämpfe sind keine Erscheinungen, die etwa nur in dem bösen Willen von ein paar Menschen begründet sind, sondern es sind Erscheinungen, die letzten Endes ihre tiefste Wurzel sogar in Rassetatsächlichkeiten besitzen.

Wenn sich heute in Rußland der Bolschewismus ausbreitet, dann ist dieser Bolschewismus am Ende für Rußland genau so logisch, wie vorher das Zarentum logisch war. Es ist ein brutales Regiment über ein Volk, das, ohne brutal regiert zu sein, überhaupt nicht als Staat erhalten werden kann. Wenn aber diese Weltauffassung auch auf uns übergreift, dann dürfen wir nicht vergessen, daß auch unser Volk rassisch aus den verschiedensten Elementen zusammengesetzt ist, daß wir daher in der Parole: „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“ viel mehr sehen müssen als eine nur politische Kampfparole. In Wirklichkeit ist es die Willenskundgebung von Menschen, die in ihrem Wesen tatsächlich eine gewisse Verwandtschaft mit analogen Völkern einer niedrigen Kulturstufe besitzen. Auch unser Volk und unser Staat sind einstmals nur durch die Ausübung des absoluten Herrenrechtes und Herrensinns der sogenannten nordischen Menschen aufgebaut worden, der arischen Rassebestandteile, die wir auch heute noch in unserem Volke besitzen. Damit ist es aber nur eine Frage der Regeneration des deutschen Volkskörpers nach den Gesetzen einer ehernen Logik, ob wir uns zu neuer politischer Kraft zurückfinden oder nicht.

Daß die innere weltanschauliche Einheit belanglos sei, kann nur ein Mensch behaupten, der als Spezialist auf irgendeinem Gebiete keinen Blick für die wirklichen, gestaltenden und lebendigen Kräfte der Nation mehr besitzt — ein Staatsmann, der aus der Amtsstube nicht mehr herauskommt und in tausendstündigen Verhandlungen und Sitzungen am grünen Tisch sich mit den letzten Auswirkungen der Not beschäftigt, ohne die großen Ursachen und damit aber auch die großen Entschlüsse zu ihrer Beseitigung zu finden. Es ist ganz klar, daß ich heute ohne weiteres zu dem einen oder anderen Vorgang des öffentlichen Lebens auf dem Verordnungswege Stellung nehmen kann. Allein, prüfen Sie doch die Wirkungsmöglichkeit dieser Stellungnahme am praktischen Leben! Es gibt keine Organisation auf der Welt, die nicht als Voraussetzung eine gewisse Gemeinsamkeit der Zielsetzung besitzt. Es ist keine Organisation denkbar, bei der nicht bestimmte, immer und immer wieder in Erscheinung tretende Fragen von grundsätzlicher Bedeutung absolut einheitlich anerkannt, bejaht oder beantwortet werden müssen. Das gilt schon von der kleinsten Organisation, die es überhaupt gibt, von der Familie. Es kann ein Mann, es kann eine Frau noch so tüchtig sein: wenn in ihrem beiderseitigen Bunde bestimmte notwendige Grundfragen nicht gleichmäßig bejaht werden, dann wird ihre Tüchtigkeit nicht verhindern können, daß ihr Bund zu einer Quelle ewigen Haders wird und am Ende an der inneren Disharmonie auch ihr äußeres Leben, scheitert. Der Mensch kann die Kraft seiner Aktivität nur nach einer Richtung ganz entfalten, und für die Gesamtheit eines Volkes ist die Hauptfrage, wohin diese Kraft geleitet wird. Wendet sie sich nach außen oder wendet sie sich nach innen? Sie muß sich nach innen wenden in dem Augenblick, in dem über gewisse Fragen nicht eine völlig einheitliche Auffassung besteht; denn sonst ist ja der einzelne Mensch schon der Feind seines Nächsten, der dann praktisch seine Umwelt ist. Für einen Verein ist es nicht gleichgültig, ob er Vereinsgrundsätze besitzt und anerkennt oder nicht. Nein, entscheidend bei der Beurteilung jeder menschlichen Vereinigung ist die Stärke des inneren Verhältnisses, die auf der Anerkennung gewisser leitender allgemeiner Grundsätze aufgebaut ist.

Im Völkerleben ist die Stärke nach außen durch die Stärke der inneren Organisation bedingt, die Stärke der inneren Organisation aber ist abhängig von der Festigkeit gemeinsamer Anschauungen über gewisse grundsätzliche Fragen. Was nützt es, wenn eine Regierung einen Erlaß zur Rettung der Wirtschaft herausgibt, die Nation aber als lebendiges Objekt zur Wirtschaft selbst zwei vollständig verschiedene Einstellungen hat? Ein Teil sagt: „Voraussetzung zur Wirtschaft ist das Privateigentum“; der andere Teil behauptet: „Privateigentum ist Diebstahl.“ 50 Prozent bekennen sich zur einen Grundauffassung, 50 Prozent zur anderen. Sie können mir Vorhalten, daß diese Anschauungen reine Theorie bedeuten — nein, diese Theorie ist notwendigerweise die Basis für die Praxis. War diese Auffassung nur etwa eine Theorie, als aus ihr heraus im November 1918 die Revolution ausbrach und Deutschland zerschlug? War das eine vollständig belanglose und vor allem die Wirtschaft nicht interessierende Theorie? Nein, meine Herren! Ich glaube, solche Auffassungen müssen, wenn sie nicht geklärt werden, zur Zerreißung eines Volkskörpers führen; denn sie bleiben eben nicht Theorie. Die Regierung sagt: „Das vaterländische Denken...“ — was heißt „vaterländisches Denken“? Fragen Sie die deutsche Nation! Ein Teil bekennt sich dazu, der andere erklärt: „Vaterland ist eine dumme Bourgeois-Überlieferung, weiter gar nichts.“ Die Regierung sagt: „Der Staat muß gerettet werden.“ Der Staat? 50 Prozent sehen im Staat eine Notwendigkeit, aber 50 Prozent haben überhaupt nur den Wunsch, den Staat zu zertrümmern; sie fühlen sich bewußt als Vorposten nicht nur einer fremden Staatsgesinnung und Staatsauffassung, sondern auch eines fremden Staatswillens. Ich kann nicht sagen, daß dies nur theoretischer Natur sei. Es ist nicht theoretisch, wenn in einem Volk nur höchstens 50 Prozent bereit sind, für die symbolischen Farben, wenn notwendig, zu kämpfen, während 50 Prozent eine andere Fahne aufgezogen haben, die nicht in ihrer Nation, nicht in ihrem Staat, sondern die außerhalb des eigenen Staates schon die staatliche Repräsentation besitzt.

„Die Regierung wird versuchen, die Moral des deutschen Volkes zu bessern.“ Welche Moral, meine Herren? Auch die Moral muß eine Wurzel haben. Was Ihnen moralisch erscheint, erscheint anderen unmoralisch, und was Ihnen unmoralisch vorkommt, ist für andere eine neue Moral. Der Staat sagt z. B. : „Der Dieb muß bestraft werden.“ Zahllose Angehörige der Nation aber entgegnen: „Man muß den Besitzer bestrafen, denn der Besitz an sich ist schon Diebstahl.“ Der Dieb wird eher noch glorifiziert. Die eine Hälfte der Nation sagt: „Der Landesverräter muß bestraft werden“, aber die andere Hälfte meint: „Landesverrat ist eine Pflicht.“ Die eine Hälfte sagt: „Die Nation muß mit Mut verteidigt werden“, und die andere Hälfte hält Mut für eine Idiotie. Die eine Hälfte sagt: „Die Basis unserer Moral ist das religiöse Leben“, und die andere Hälfte höhnt: „Der Begriff Gott existiert nicht in Wirklichkeit. Religionen sind bloß Opium für das Volk.“

Glauben Sie nur nicht, daß, wenn ein Volk von diesen weltanschaulichen Kämpfen einmal erfaßt ist, man einfach auf dem Notverordnungswege um sie herumkommt, daß man sich einbilden kann, dazu keine Stellung nehmen zu brauchen, weil es sich um Dinge handle, die weder die Wirtschaft, noch das Verwaltungsleben, noch das kulturelle Leben berühren! Meine Herren, diese Kämpfe treffen die Kraft und Stärke der Gesamtnation! Wie soll ein Volk überhaupt noch einen Faktor nach außen darstellen, wenn 50 Prozent am Ende bolschewistisch orientiert sind und 50 Prozent nationalistisch oder antibolschewistisch? Es ist denkbar, Deutschland als bolschewistischen Staat aufzurichten — es wird eine Katastrophe sein — aber es ist denkbar. Es ist auch denkbar, Deutschland als nationalen Staat aufzubauen. Aber es ist undenkbar, ein starkes und gesundes Deutschland zu schaffen, wenn 50 Prozent seiner Angehörigen bolschewistisch und 50 Prozent national orientiert sind! Um die Lösung dieser Frage kommen wir nicht herum!

Quelle:

  1. Deutsche Reichsgeschichte in Dokumenten 1849—1934, Urkunden und Aktenstücke zur inneren und äußeren Politik des Deutschen Reiches in vier Bänden, Herausgegeben von Dr. Johannes Hohlfeld, IV. Band, Dokument 119, Leipzig 1934.
nach oben
© Jürgen Langowski 2024
Impressum | Datenschutz