3./4. März 1944

Tagung der "Judenreferenten" in Krummhübel

Auswärtiges Amt[1]
Inf. XIV

Berlin W 8, den 4. März 1944
Wilhelmstr. 74-76

Antijüdische Auslandsaktion
Nr. 73/44 -

Betreff: Arbeitstagung der Judenreferenten und
Arisierungsberater

Anfang April findet auf Weisung des Herrn RAM. in Krummhübel i. Rsgbg. eine Arbeitstagung der Judenreferenten und Arisierungsberater statt. An diejenigen Missionen, welchen kein Arisierungsberater des Reichssicherheitshauptamtes zugeteilt ist, sind folgende Drahterlasse ergangen:

Am 17. 2. 44:

"Auf besondere Weisung soll antijüdische Auslandsinformation mit allen Mitteln verstärkt werden. Zur Klärung aller mit Materialbeschaffung und Nachrichtenverwertung zusammenhängenden Fragen ist Durchführung Arbeitsbesprechung angeordnet worden. Diese stattfindet gemeinsam mit Reichssicherheitshauptamt voraussichtlich 3. und 4. April. Tagungsort folgt.

Erbitte Drahtbericht, welcher dortige Sachbearbeiter, der mit Judenfrage im dortigen Land vertraut ist, zur Tagung entsandt werden wird.

Schleier."

Und am 26. 2. 44:

"Unter Bezugnahme auf Drahterlaß vom 17. 2.,
Multex Nr. 196.

Sachbearbeiter für Judenfragen muß sich vorbereiten auf Tagung in Kurzreferat von höchstens 1o bis 12 Minuten zu berichten über Wirkung bisheriger antijüdischer Auslandsinformation und Möglichkeiten der Materialbeschaffung und Materialverteilung, sowie Anregungen und Vorschläge für die weitere Arbeit zu unterbreiten.

Es ist beabsichtigt, während der Arbeitstagung vom 3. bis 4. April eine möglichst vollständige Schau des antijüdischen Propagandamaterials aus allen europäischen Ländern zu zeigen. Es wird deshalb um eine vollständige Einsendung allen im dortigen Lande vorhandenen Propagandamaterials landeseigenen, deutschen oder anderen Ursprungs bis zum 25. 3. an Inf. XIV gebeten. Darunter fallen Bücher, Zeitschriften, Broschüren, Plakate, Flugblätter, Klebezettel, Postkarten u. a.

Schleier."


Auswärtiges Amt

Berlin W 8, den 2o. April 1944
Wilhelmstr. 74-76

Inf. XIV
- Nr. 118/44 -
- 1 Anlage -

Inhalt: Arbeitstagung der Judenreferenten
der deutschen Missionen am 3. u. 4. April d. J.

In der Anlage wird Abschrift des Protokolls der Arbeitstagung der Judenreferenten der Missionen, die am 3. und 4. April d.J. in Krummhübel stattfand, zur Kenntnisnahme übersandt. Die Ausführungen von LR v. Thadden und SS-Hauptsturmführer Ballensiefen vom Reichssicherheitshauptamt sind ihres geheimen Charakters wegen in das Protokoll nicht aufgenommen worden.

Gemäß Multex Nr. 246 vom 28. 2, 44 wurden anläßlich der Tagung von den meisten Missionen, teilweise unter Rückerbittung, Zusammenstellungen von antijüdischem Propagandamaterial aus den betreffenden Ländern, wie Bücher, Zeitschriften, Plakate, Flugblätter usw. übersandt. Es ist beabsichtigt, von der Rückgabe dieses Materials abzusehen und es in das im Aufbau begriffene umfassende Judenarchiv, das auch den Missionen zur Verfügung steht, einzureihen. Dieses Archiv wird in Krummhübel aufgestellt, so daß die Sicherheit vor Kriegsschaden gewährleistet ist. Mit Rücksicht auf die Wichtigkeit einer lückenlosen Erfassung des gesamten einschlägigen Materials für die antijüdische Informationsarbeit wird gebeten, auf die Rückgabe dortseits zur Verfügung gestellten Materials zu verzichten.

Schleier

An die

Deutsche Botschaft Ankara

Dienststelle des Bevollmächtigten des Großdeutschen Reiches für Italien in Fasano

Deutsche Botschaft Madrid

Deutsche Botschaft Paris

Deutsche Gesandtschaft Lissabon

Deutsche Gesandtschaft Preßburg

Deutsche Gesandtschaft Sofia

Deutsche Gesandtschaft Stockholm

Deutsche Gesandtschaft Agram

Deutsche Gesandtschaft Bern

Deutsche Gesandtschaft Bukarest

Deutsche Gesandtschaft Kopenhagen


Vertraulich!

Arbeitstagung der Judenreferenten
der Deutschen Missionen in Europa

Krummhübel, 3. und 4. April 1944

Begrüßung durch Gesandten Prof. Dr. Six, der Vorsitz an Gesandten Schleier übergibt. In seiner Eröffnungsansprache beschäftigt er sich mit den Aufgaben und Zielen der antijüdischen Auslandsaktion. Gesandter Schleier verweist auf das Bekenntnis des Führers zum völkisch-rassischen Prinzip. Dies bedeute Ablehnung aller fremdländischen Einflüsse und den Kampf des Nationalsozialismus gegen das zersetzend und zerstörend wirkende Judentum. Dieser Kampf habe uns den Haß des Judentums eingebracht. Ges. Schleier erinnert an die ersten Opfer des vom internationalen Judentum gegen das deutsche Volk entfesselten Kampfes, Wilhelm Gustloff und Ernst v. Rath. Dieser Kampf stelle einen wesentlichen Teil des großen Ringens des deutschen Volkes dar. Der Führer habe daher auch die Weisung gegeben, in verstärktem Maße den Kampf gegen das Judentum und für die Aufklärung über dessen Rolle im gegenwärtigen Krieg aufzunehmen. In England und Amerika seien Ansätze zu antijüdischen Tendenzen vorhanden.

Es stelle sich die Frage, welche Möglichkeiten sich den europäisch-deutschen Missionen für eine antijüdische Tätigkeit böten. Die zu leistende Arbeit müsse von innen nach außen und von außen nach innen verlaufen, erforderlich seien Meldungen über das Verhalten des Judentums in dem betreffenden Lande und über antijüdische Regungen daselbst. Antijüdische Propaganda in neutralen Ländern sei besonders schwierig, aber von größter Wichtigkeit, da von dort Ausstrahlungsmöglichkeiten nach England und Amerika beständen. Die neutralen Länder seien aber auch als Beobachtungsposten wichtig. Presseausschnitte, Rundfunkberichte, Aufzeichnungen über Vorgänge im feindlichen Ausland und im jüdischen Lager, die von Angehörigen der Gastländer berichtet werden, sowie Ansätze antijüdischer Tendenz müssen sorgfältig gesammelt und registriert werden. Diese Meldungen müssen alle Lebensgebiete umfassen, die von Juden beeinflußt werden.

Dieses Material würde von Inf. XIV gesammelt und bearbeitet und sodann an die Missionen zur Auswertung in Presse und Rundfunk, durch Flugblätter, Broschüren und durch die Kanäle der Flüsterpropaganda geleitet werden. Die Herausgabe erfolge über die Presse-, Rundfunk- und Kulturpolitische Abteilung.

Ges. Schleier entwickelte sodann einige konkrete Projekte. So sei daran gedacht, eine Wanderausstellung auf Schienen oder motorisiert zu veranstalten. Weiter plane er die Herausgabe eines - antijüdischen Abreißkalenders - besonders für die - Staaten Südosteuropas - und die Einrichtung eines großen Archivs über alle Probleme der Judenfrage in personeller und sachlicher Hinsicht, dem eine Bildersammlung anzuschließen sei.

Gesandter Six spricht sodann über die politische Struktur des Weltjudentums, die er weltanschaulich und historisch als Folge der soziologischen Entwicklung seit der französischen Revolution erläutert. Die Zahlen, die im Jahre 1933 vorlagen, ergaben etwa 17 Mill. Konfessionsjuden. Der eigentliche Kraftquell des Judentums in Europa und Amerika sei das Ostjudentum. Es stelle den Ausgangspunkt der Wanderbewegungen aus dem europäischen in den amerikanischen Raum dar. Das Ostjudentum schiebe sich langsam aus dem Osten in den Westen und zeige dabei nicht nur ein religiöses, sondern auch ein soziales Gefälle. Das Judentum in Europa habe seine biologische und gleichzeitig seine politische Rolle ausgespielt. In den Ländern der Feindmächte nehme das Judentum eine führende Stelle in dem Kampf gegen den Nationalsozialismus und gegen das deutsche Volk ein. In Sowjetrußland sei die jüdische Frage nicht mit besonderem Akzent hervorgehoben worden; wir wissen aber aus der Praxis der Kriegführung, daß der Jude in der Hierarchie des Bolschewismus nach wie vor eine entscheidende Rolle spiele. Die jüdische Infiltration habe sich in der Sowjetunion gehalten.

Das zweite in diesem Zusammenhang wichtige Land sei England. Das Judentum spiele dort eine traditionelle Rolle. Es sei gelungen, auf Grund der plutokratischen Struktur Englands Juden in die führende Schicht zu entsenden, was sich in der Politik der Oberschicht während des 19. Jahrhunderts stark ausgewirkt habe. Diese Versippung sei wichtig für die Beurteilung der gegenwärtigen Lage.

Das Zusammenspiel des englischen mit dem amerikanischen Judentum habe eine entscheidende Rolle beim Ausbruch des Krieges gespielt. In den Vereinigten Staaten befänden sich ca. 7 Mill. Juden. Ihre Position sei wirtschaftlich begründet. Die demokratische Weltanschauung habe sich als fruchtbarer Boden für den fortschreitenden Einfluß des Judentums erwiesen. Die starke jüdische Durchsetzung der Führungsschicht bei den drei Deutschland bekämpfenden Mächten sei ein Faktor von größter Bedeutung.

Ges. Six wendet sich sodann dem Zionismus zu. Zionismus bedeute Rückführung aller Juden in das Heimat- und Ursprungsland Palästina. Man wolle sie dort politisch und biologisch zusammenfügen. Die ganze Frage der Rückführung sei jedoch politisch überlagert durch die arabische Frage. Durch die Balfour-Deklaration von 1917 wurde den Juden nach dem Kriege eine Heimstätte zugesichert. Das jüdische Element habe sich in Palästina sehr breit gemacht auf Kosten des Arabertums.

Die physische Beseitigung des Ostjudentums entziehe dem Judentum die biologischen Reserven. Seine heutige Struktur sei durch seine Vereinigung mit den drei Großmächten gekennzeichnet. Diese Verbindung zeige sich in der Sowjet-Union durch die weltanschauliche Kombination des Judentums mit dem Bolschewismus, in England durch das Eindringen in die Führungsschicht und in den Vereinigten Staaten durch die Beherrschung entscheidender Schlüsselstellung in der Großfinanz. Nicht nur in Deutschland, sondern auch international müsse die Judenfrage zu einer Lösung gebracht werden.

Leg. Rat v. Thadden spricht über die judenpolitische Lage in Europa und über den Stand der antijüdischen Exekutiv-Maßnahmen. Der Redner gab einen Überblick, aus welchem Grunde die zionistische Palastina-Lösung oder ähnliche Ersatz-Lösungen abgelehnt und die Aussiedlung der Juden in die Ostgebiete durchgeführt werden müsse. Er umriß sodann den derzeitigen Stand der antijüdischen Maßnahmen in sämtlichen europäischen Ländern.

Der Redner führte dann aus, welche Gegenmaßnahmen das Weltjudentum gegen die deutschen antijüdischen Maßnahmen in Europa durchführt.

Die Ausführungen wurden mit folgenden Bitten an die Vertreter der Missionen geschlossen:

  1. Unterdrückung jeder, auch antijüdisch getarnten Propaganda, die geeignet ist, die deutschen Exekutiv-Maßnahmen zu hemmen oder zu behindern.
  2. Vorbereitung des Verständnisses in allen Völkern für Exekutiv-Maßnahmen gegen das Judentum.
  3. Laufende Berichterstattung über die Möglichkeit, auf diplomatischen Wegen 'verschärfte Maßnahmen gegen das Judentum in den einzelnen Ländern zur Durchführung zu bringen.
  4. Laufende Berichterstattung über Anzeichen für Gegenaktionen des Weltjudentums, damit rechtzeitig Gegenminen gelegt werden können.
    (Da die von dem Referenten vorgetragenen Einzelheiten über den Stand der Exekutiv-Maßnahmen in den einzelnen Ländern geheim zu halten sind, ist von der Aufnahme ins Protokoll abgesehen worden.)

SS-Hauptsturmführer Dr. Ballensiefen berichtet über Erfahrungen bei der Durchführung der antijüdischen Maßnahmen in Ungarn im Zusammenhang mit den dortigen politischen Ereignissen.

Prof. Dr. Mahr behandelt in seinem Referat die antijüdische Auslandsaktion im Rundfunk. Er fordert die Durchsetzung der deutschen Rundfunksendungen nach dem Ausland mit antijüdischem Aufklärungsmaterial und die Beeinflussung des Rundfunks der uns nahestehenden oder verbündeten Länder in ähnlichem Sinne unter Wahrung der Souveränität der betr. Länder. Im binnendeutschen Funk sei für gutes Material zu sorgen.

Frl. Dr. Haußmann spricht über antijüdische Auslandsaktion in der Presse und das Pressebild im Dienste der antijüdischen Auslandsaktion. Der Bildbedarf in der in- und ausländischen Presse sei groß. Bei der Beschaffung antijüdischer Bilder sei die Mitarbeit der Missionen erforderlich. Wichtig sei auch die Besprechung antijüdischer Bücher und jüdischer und antijüdischer Filme in der Presse. Frl. Dr. Haußmann zeigt dann die praktischen Möglichkeiten bei der Unterbringung von antijüdischen Meldungen in der ausländischen Presse auf, wobei das Schwergewicht bei den Pressereferenten der Missionen liegen muß.

Dr. Walz behandelt die antijüdische Aktivinformation. Es könne keinen wirklichen Frieden unter den Völkern geben, wenn das Judenproblem nicht auf irgendeine Weise gelöst würde. Die Informationstätigkeit müsse auf die jeweilige Mentalität der Völker, auf die in antijüdischem Sinne eingewirkt werden soll, Rücksicht nehmen. Bei Flugblättern müßten ausländische Muster als Vorbild dienen. Es fehle bisher an einem antijüdischen Film, der nicht bekannte jüdische Einzelpersönlichkeiten behandle, sondern den kleinen jüdischen Kaufmann, den jüdischen Intellektuellen in ihrem täglichen Wirken zeige.

LS Dr. Kutscher spricht über die Propagandathesen im Rahmen der antijüdischen Auslandsaktion. Jede Propaganda müsse von gewissen Leitsätzen beherrscht sein. Als derartige Leitsätze und Richtlinien für die Informationsarbeit seien die Thesen zu betrachten. Sie müßten den jeweiligen örtlichen Verhältnissen angepaßt werden. Sie seien für den internen Gebrauch bestimmt. LS Dr. Kutscher formuliert sodann einige Leitsätze: Die Juden sind die Urheber des Krieges. Sie haben die Völker in den Krieg hineingetrieben, weil sie an ihm interessiert sind. - Die Juden sind das Unglück aller Völker. - Ein jüdischer Sieg würde das Ende jeder Kultur sein (Beispiel Sowjet-Union). - Kämpft Deutschland gegen den Juden, so tut es das nicht nur für sich, sondern für die ganze europäische Kultur. - Der Jude hat sich mit diesem Krieg sein eigenes Grab gegraben. Aufgabe dieser Sätze sei, den Menschen bestimmte Tatsachen vor Augen zu führen, so daß sie schließlich von deren Richtigkeit überzeugt seien,

Dienstleiter Hagemeyer spricht über den internationalen antijüdischen Kongreß und seine Aufgaben. Er verfolge das Ziel, die europäischen Kräfte, die sich mit der Judenfrage befaßt haben, zu sammeln. Der Kongreß müsse politisch aufgezogen werden. Entscheidend sei die Zusammensetzung der Gäste. Dabei müsse auf den Besuch von europäischen Wissenschaftlern Wert gelegt werden. Der Redner bat die Vertreter der Missionen um ihre Unterstützung bei der Auswahl der für den Kongreß einzuladenden Gäste.[1]

Es folgen nun die Berichte der Vertreter der einzelnen Missionen Über die judenpolitische Lage in ihren Ländern und die Möglichkeiten a) der Beschaffung antijüdischen Materials, b) der Durchführung antijüdischer Information durch Rundfunk, Presse, allgemeine Informationsmittel (Broschüren, Plakate, Flugblätter, Klebezettel, Postkarten, Flüsterpropaganda) und die Träger dieser Arbeit.

Dr. Klassen (Frankreich) gibt zunächst einen längeren historischen Überblick über die Entwicklung des Judenproblems und des Antisemitismus in Frankreich und verweist auf den Unterschied der Judenbehandlung in der Nord- und Südzone. In der Nordzone sei man zur Arisierung jüdischer Unternehmen geschritten, das jüdische Schrifttum sei eingezogen worden. Jüdischen Schriftstellern und Schauspielern sei nach der französischen Judengesetzgebung die Arbeit zwar nicht verboten, doch dürften sie weder eine Zeitung oder ein Theater besitzen noch leiten. Aus den Staatsstellen sei der Jude verschwunden. Im Jahr 1940 wurde in Frankreich ein Judeninstitut gegründet. Eine antijüdische Ausstellung habe großen Erfolg gehabt. Abgesehen von einigen antisemitischen Geistlichen habe sich die katholische Kirche weitgehend im Sinne der demokratischen Ideologie für das Judentum eingesetzt. Einige antisemitische Filme haben abschreckend gewirkt. Der Film müßte daher starker eingesetzt werden. Die Informationstätigkeit müsse von der französischen Tradition ausgehen und als französische Sache hingestellt werden. Bei den Anhängern Déats und des französischen Faschismus fänden sich brauchbare Ansatzpunkte. Die Lage in Französisch-Nordafrika eigne sich gut zur Auswertung.

Dr. Beinert (Spanien) berichtet, daß die Judenfrage unter rassischen Gesichtspunkten in Spanien nicht als aktuell angesehen werde. Nach der Vertreibung der Juden im 15. Jahrhundert werde die Judenfrage als abgeschlossenes historisches Problem betrachtet. Der antijüdischen Information seien daher sehr enge Grenzen gezogen, sie dürfe nicht als deutsche Propaganda erscheinen und auch nicht als Großaktion aufgezogen werden. Hingegen könne die Hervorhebung eindrucksvoller Einzelfälle, vor allem unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten, wirksam sein.

Auch Dr. Matthias (Portugal) unterstreicht die Schwierigkeiten einer antijüdischen Informationstätigkeit in Portugal. Ein Judenproblem in unserem Sinne bestehe in Portugal nicht. Einmal hat die bereits vor 1933 begonnene Abwanderung von Juden aus Mitteleuropa, die nach 1933 und während des Frankreichfeldzuges besonders stark wurde, das Bild in Portugal nicht wesentlich verändert, weil Portugal für die jüdische Emigration im wesentlichen nur Durchgangsland war. Zum Zweiten habe das ursprüngliche Judenproblem, das heißt die Schwierigkeiten, die sich durch die Einwanderung von Juden in Portugal in frühester Zeit ergaben, im Laufe der Jahrhunderte eine Lösung gefunden, die keine Bereinigung des Judenproblems in unserem Sinne darstellte sondern die Spuren des Judentums als rassischen Bestandteil des Volkes verwischte.

Die Beschaffung von antijüdischem Material aus den USA sei möglich, doch mit hohen Kosten verbunden.

Vizekonsul Dr. Janke (Schweiz) weist darauf hin, daß die große Mehrheit aller Schweizer aus gesundem Instinkt antisemitisch eingestellt sei, es fehle jedoch die Erkenntnis der Aktualität der Judenfrage. Der jüdische Einfluß sei weit geringer als in den anderen demokratisch-plutokratisch regierten Staaten. Eine antijüdische Informationstätigkeit müßte mit größter Vorsicht gehandhabt werden und dürfe den deutschen Ursprung nicht verraten, um die strengen gesetzlichen Bestimmungen nicht herauszufordern und das Mißtrauen gegen Deutschland nicht wachzurufen. Dabei müsse auch die scharfe Zensur berücksichtigt werden. Es müsse daher getarnt gearbeitet werden. In Frage kämen antijüdische Aufklärungsbroschüren, deren Aufmachung ständig zu ändern wäre, ferner Auswertung von Judenskandalen, Zusammenstellung aller jüdischen Persönlichkeiten, die eine führende Rolle in den Feindländern spielen, und Verbreitung jüdischer Witze. Die Einladung von schweizerischen Persönlichkeiten zum Antijüdischen Kongreß werde auf Schwierigkeiten stoßen.

Konsul Dr. Meißner empfiehlt, bei der antijüdischen Informationsarbeit in Italien die starke jüdische Beteiligung an verbotenen Handlungen (Schwarzhandel, Sabotage usw.) herauszustellen, im übrigen müsse sie sich aber an die italienische Intelligenz wenden und eine seriöse Basis haben. Die Herausgabe einer illustrierten Broschüre mit einer sachlichen Darstellung des Judentums als Ferment der Zersetzung könne wirkungsvoll sein. Für eine Einladung zum Kongreß kämen Preziosi und Farinacci in Frage.

Herr Delbrück (Schweden) verweist auf die Schwierigkeiten einer antijüdischen Informationstätigkeit in Schweden. Bis zur Judenaktion in Dänemark und der dadurch verursachten starken jüdischen Einwanderung in Schweden habe es in diesem Lande keine Judenfrage gegeben. Die jüdische Einwanderung habe jedoch zu einer ablehnenden Reaktion geführt. Sie könne daher als Ansatzpunkt einer antijüdischen Informationstätigkeit genommen werden. Dabei müsse allerdings berücksichtigt werden, daß alles, was nach deutscher Propaganda aussieht, abgelehnt werde. In der Presse stünden nur die wenigen deutschfreundlichen Zeitungen zur Verfügung. Antisemitische Propagandaschriften müßten ausschließlich in Schweden selbst gedruckt werden. Plakate seien nicht einsatzfähig, da dafür keine Organisationen zur Verfügung stünden. Auch Postkarten mit antijüdischen Witzen könnten eingesetzt werden. Im schwedischen Rundfunk sei keinerlei antisemitische Propaganda möglich. Die Beteiligung fanatischer Idealisten am Kongreß sei durchaus möglich.

Herr Christensen (Dänemark) teilt mit, daß die Sammlung von Material ohne weiteres möglich sei. Bildmaterial könne auch aus der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen beschafft werden. Was die Informationstätigkeit anbelange, so stehe die Presse für die Unterbringung sog. "Auflageartikel" zur Verfügung. Allerdings sei dabei klar ersichtlich, daß es sich um deutsche Propaganda handle. Die Propaganda in Dänemark müsse von dänischer Seite durchgeführt werden und nicht von einer deutschen Zentrale.

Herr Weilinghaus (Rumänien) berichtet, daß die Judenfrage in Rumänien bisher nur von der wirtschaftlichen und von der allgemeinen politischen Seite her unter ständiger Vernachlässigung der rassischen und weltanschaulichen Gesichtspunkte behandelt worden sei. Die rumänische Regierung nehme in der Judenfrage eine vorsichtige Haltung ein. Sie hänge sehr stark von der militärischen Lage ab. Für unsere Arbeit ergebe sidi daraus die Notwendigkeit, vorsichtig vorzugehen. Die rumänische Regierung habe uns wissen lassen, daß die propagandistische Behandlung der Judenfrage unerwünscht sei. So bleibe uns als Hauptmittel die Flüsterpropaganda. Weil in der übrigen Presse antijüdische Artikel nicht angenommen werden, bleibe nur das einzige zugelassene antisemitische Organ "Porunca Vremii auf diesem Gebiet. Das in dieser Zeitung Gebrachte werde dann als Sonderdruck in größerer Auflage verbreitet. Ferner besteht die Möglichkeit des Rückgriffes auf altes Material, das vor den verschärften Zensurbestimmungen genehmigt sei. Schließlich könnten auch Artikel in die Provinzpresse gebracht worden, da die provinzialen Zensurbehörden in der Regel weniger aufmerksam seien. Die von den Rumänen gewünschte und unterstützte antibolschewistische Propaganda biete die wirkungsvolle Möglichkeit der Koppelung mit der antijüdischen Propaganda. Die Einladung rumänischer Persönlichkeiten zum antijüdischen Kongreß hält der Referent z. Zt. im Hinblick auf die derzeitige politische Lage nicht für angebracht.

Ob.Reg.Rat Dr. Hoffmann (Bulgarien) erklärt, daß die Beschaffung antijüdischen Materials durchaus möglich sei. Die Informationstätigkeit könne nicht auf weltanschaulicher Grundlage erfolgen. Die Bulgaren seien in der Judenfrage auf ihren Erwerbsinstinkt und auf ihre nationalen Gefühle anzusprechen. Die bulgarische Regierung habe in der Judenfrage eine durchaus loyale Haltung angenommen. Es sei den Bulgaren klarzumachen, daß die bulgarischen Juden bulgarischen Inspirationen gegenüber verständnislos seien. Der Rundfunk stehe in beschränktem Umfange zur Verfügung. Flugblätter dürften sich nicht durch zu üppige Aufmachung verdächtig machen. Zum Kongreß wäre der SobranjeAbgeordnete Andrejeff einzuladen.

Prof. Dr. Walz (Kroatien) verweist auf das Mischlingsproblem und die jüdische Versippung der führenden Kreise, die in Kroatien eine außerordentlich große Rolle spielten. Antijüdische Tendenzen seien in Kroatien immer vorhanden gewesen. Das antijüdische Problem im Südosten stehe unter dem Einfluß der militärischen Lage. Weitere antijüdische Maßnahmen seien sehr schwierig durchzuführen, solange nicht das Grundübel, die jüdische Versippung der führenden Kreise bereinigt sei. In der Ustascha-Bewegung seien antisemitische Kreise vorhanden, die auch für eine Beteiligung am Kongreß in Betracht kämen,

Herr Korselt (Slowakei) betont, daß eine Fortsetzung der antijüdischen Informationstätigkeit erst nach Wiederaufnahme der Maßnahmen gegen die Rassejuden möglich sei, da sonst die Bevölkerung den Eindruck der Inkonsequenz der Staatsführung haben würde. Die antijüdische und antibolschewistische Aufklärung müsse kombiniert werden. Der Antisemitismus müsse eingesetzt werden gegen den weit gediehenen Panslawismus, indem darauf hingewiesen werde, daß nicht der Slawe in Rußland herrsche, sondern der Jude. Die slowakische Intelligenz sehe im Juden einen intelligenten und sympathischen Vertreter des Großstadtlebens. Als Gegenmaßnahme müsse die internationale Verflechtung des Judentums mit überzeugender statistischer und Tatsachenschilderung nachgewiesen werden. Es erscheine zweckmäßig, den Juden im Film und in Jugendschriften zu zeigen. Die Möglichkeit für die Entsendung eines Teilnehmers an dem Kongreß bestehe.

Herr Posemann (Türkei): Anfang des vergangenen Jahres habe die türkische Regierung einen Schlag gegen das Judentum in Verbindung mit Versuch zur Lösung des Minderheitenproblems durchgeführt. Bei Durchführung dieser Aktion sei sehr rigoros vorgegangen worden. Vermutungen alliierter Kreise, daß es sich um einseitige antijüdische Maßnahmen handle, seien von der Türkei mit Hinweis auf gleichzeitige Maßnahmen gegen die Minderheiten zurückgewiesen worden. Immerhin habe die Türkei weitere Maßnahmen zur Lösung des Minderheitenproblems und damit der Judenfrage zurückgestellt. Daher müsse auch eine von uns gesteuerte antijüdische Propaganda im gegenwärtigen Augenblick unbedingt unterbleiben, da dies unerwünscht und eine Belastung für die türkische gegenwärtige Außenpolitik wäre. Abgesehen von Karikaturen und Witzbüchern über Juden seien in der Türkei keine antijüdischen Schriften vorhanden. Erste Ansatzpunkte einer Erkenntnis der Größe der internationalen Judenherrschaft seien in der Übersetzung der "Protokolle der Weisen von Zion" und des Buches von Ford "Der internationale Jude" zu sehen. Der Absatz dieser Broschüren und deren Verbreitung seien von der Botschaft gefördert worden. Zunächst sei nur eine Arbeit in diesem engen Rahmen möglich, da, wie bereits betont, eine sichtbar deutsch gesteuerte antijüdische Propaganda für uns ungünstige politische Komplikationen hervorrufen könne. Abschließend weist Herr Posemann auf die bevorstehende Erschwerung jeder ausländischen Propaganda in der Türkei hin. Die Teilnahme einer führenden türkischen Persönlichkeit am geplanten internationalen Kongreß sei völlig ausgeschlossen.

Anschließend spricht Dr. Schickert über das Thema "Wissenschaft und Judenfrage". Mit der Propaganda allein sei es nicht getan. Man müsse versuchen, Dinge heranzuholen, die noch nicht bekannt sind. Die Judenfrage müsse in ihrem ganzen Ernst und Tiefe "salonfähig" gemacht werden. Es komme auf die wissenschaftliche Behandlung der Judenfrage an. Eine Beeinflussung der ausländischen Wissenschaftler sei erforderlich.

Im Anschluß an den Bericht der Vertreter der Missionen faßt Ges. Schleier das Ergebnis der Arbeitstagung zusammen, wobei er noch einmal besonders auf die Frage der Materialbeschaffung und der Arbeit der Judenreferenten bei den Missionen als Materialverteilungsstelle an die Sachbearbeiter für Presse, Rundfunk, Kultur, Politik und Wirtschaft verweist, Für die Arbeit von Inf. XIV sei die Beschaffung aller Reden und Stellungnahmen grundsätzlicher Art zum Judenproblem von Wichtigkeit. Die Materialbeschaffung müsse u. a. auch antijüdische Witzblätter, Fotografien von jüdischen Persönlichkeiten, Bilder Über Vorgänge und Kundgebungen, Bilder aus dem Leben der Juden umfassen. Zur Kontrolle und zur laufenden Anregung der Arbeit sei der regelmäßige Eingang von Erfolgs- und Vollzugsmeldungen unerläßlich. Was den antijüdischen Weltkongreß anbelange, müßten die Judenreferenten baldigst zur Frage der Einladung amtlicher und prominenter Vertreter Stellung nehmen. Es müsse auch die Frage geprüft werden, inwieweit in Deutschland lebende wichtige ausländische Persönlichkeiten für eine Einladung in Betracht kommen.

Aussprache zu den Referaten:

Prof. Mahr regt an, für das geplante Archiv Duplikate von Handund Nachschlageblüchern zu beschaffen und nach Krummhübel zu schicken. Er empfiehlt ferner die Anlage von Listen jüdischversippter Hochgradfreimaurer, Journalisten, Schriftsteller und Wirtschaftler. Er regt schließlich die Herausgabe eines diplomatischen Handbuches der jüdischen Weltpolitik an, das auch in englischer und französischer Sprache veröffentlicht werden könne. Konsul Meissner gibt einige Hinweise zum Judenproblem in Japan und Ostasien, wobei er besonders auf die zahlreichen deutschen Juden in Shanghai verweist, wozu Ges. Schleier einige ergänzende Richtigstellungen bringt. LR v. Thadden hat drei Wünsche an die Missionen: a) bei der Berichterstattung zur Judenfrage müsse die Einhaltung richtiger Dimensionen beachtet werden, b) Meldungen hätten erst dann Wert, wenn sie mit Namensangaben versehen und lokalisiert seien, c) in Bezug auf die Materiallieferung müßten sämtliche Spezialwünsche bekannt gegeben werden. Vizekonsul Janke möchte die von Prof. Mahr vorgeschlagene Liste auf England, USA und die Sowjet-Union beschränkt wissen. Er stellt ferner die Frage nach der Finanzierung der antijüdischen Informationsarbeit im Ausland. Herr Hagemeyer will die Zusammenstellung der Liste vor allem in Bezug auf die SowjetUnion unterstützen. SS- Hauptsturmführer Ballensiefen regt an, die Liste durch Aufnahme jüdischer Organisationen zu ergänzen. Herr Posemann bittet, antijüdische Meldungen über die Türkei in der deutschen Presse sehr sorgfältig zu behandeln, um kein politisches Porzellan zu zerschlagen. Herr Richter verweist auf die Südafrikanische Union und Australien als Materialquellen. Vizekonsul Janke verweist auf den Einfluß des Judentums beim Internationalen Roten Kreuz in Genf.

Ges. Schleier spricht das Schlußwort und schließt die
Tagung mit einem Siegheil auf den Führer.

Anmerkung:

  1. Die Nazis haben letzten Endes auf den im Dokument erwähnten Kongress verzichtet. Am 12.6.1944 schrieb Martin Borman an Reichsleiter Rosenberg, auf Wunsch des Führers sei die Abhaltung des Kongresses zurückzustellen.

Quelle:

  1. Poliakov/Wulf
    Das Dritte Reich und seine Diener
    Wiesbaden 1989, S. 158-168
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