11.08.1939
Tagebuchaufzeichnung des italienischen Außenministers Graf Ciano über eine Unterredung mit dem Reichsaußenminister v. Ribbentrop in Salzburg
Statt dessen brachte Deutschland im Sommer 1939 seine Forderungen gegen Polen vor. Natürlich ohne unser Wissen; gegenüber unserem Botschafter bestritt Ribbentrop mehrmals jede deutsche Absicht, den Streit bis zu seinen äußersten Konsequenzen zu treiben. Trotz seines Leugnens blieb ich ungläubig; ich wollte mich persönlich überzeugen und begab mich am 11. August nach Salzburg. Es war in seinem Wohnsitz Fuschl, wo Ribbentrop mir, während wir auf das Essen warteten, den Entschluß mitteilte, Feuer ans Pulverfaß zu legen. Er sagte dies in genau dem gleichen Tone, mit dem er über ein geringfügiges Verwaltungsgeschäft gesprochen hätte.
"Nun also, Ribbentrop", fragte ich, während wir nebeneinander durch seinen Garten spazierten, "was wollt ihr? Den Korridor oder Danzig?" "Jetzt nicht mehr", dabei glitzerte er mich mit seinen eiskalten Augen an, "wir wollen den Krieg."
Sie waren davon überzeugt, daß Frankreich und Großbritannien unbewegt der Abschlachtung Polens zusehen würden. Darüber wollte Ribbentrop mit mir sogar während einer der düsteren Mahlzeiten, die wir im Österreichischen Hof in Salzburg einnahmen, eine Wette abschließen. Wenn die Franzosen und Engländer neutral blieben, sollte ich ihm ein italienisches Gemälde geben müssen, für den Fall ihres Kriegseintrittes versprach er mir eine Sammlung altertümlicher Waffen. Viele Zeugen waren zugegen, und vor noch nicht allzu langer Zeit sprach ich mit dem Botschafter von Mackensen. Ribbentrop hat es vorgezogen, die Wette zu vergessen und den Einsatz nie zu bezahlen, es sei denn, er halte es für die Einlösung seiner Wette, daß mich binnen kurzem auch in seinem Namen eine Rotte von an den Feind verkauften Verrätern erschießen wird.