NO-905

Sonderbehandlung bei Hamsterei und Heimtücke

[Niederschrift von Kriminalrat Heller
Leiter des Referats II A des Geheimen Staatspolizeiamtes.]

Abschrift

- II A - (Siegel)
Berlin, den 26. September 1939

In der heutigen Referentenbesprechung legte Abteilungsleiter II nochmals die Richtlinien dar, nach denen die sogenannten Kriegsdelikte zu behandeln sind:

a) Sonderbehandlung (Exekution):

Sonderbehandlungen werden grundsätzlich bei IIA bearbeitet mit Ausnahme von Fällen der Sonderbehandlung gegen Geistliche, Theologen und Bibelforscher, für die IIB zuständig ist.

In der Vorlage an den Reichsführer SS soll nun nicht etwa der Bericht der Stapo(leit)stellen wörtlich verwandt werden, sondern es soll eigener Stil (möglichst Telegrammstil) zur Anwendung kommen. Der Bericht muß enthalten:

Die wirtschaftliche Lage, persönliche Verhältnisse, Sachverhalt, Würdigung.

Es ist ein Vorschlag zu machen, entweder lautend auf Exekution, oder es ist die Bitte um Weisung, was geschehen soll, auszusprechen. Darüberhinaus sollen dem Reichsführer SS auch Fälle vorgelegt werden, die besonders gelagert sind und besonderes Interesse beanspruchen, ohne daß Sonderbehandlung (Exekution) erforderlich ist. Hier kann der Zusatz gemacht werden: "Eignet sich nicht zur Sonderbehandlung."

Zur Zuständigkeit von IIA gehören auch Sonderfälle der Hamsterei, in denen es auch denkbar ist, daß Exekution vorgeschlagen wird.

b) Heimtücke:

Heimtückefälle sind von verschiedenen Referaten zu bearbeiten, und zwar:

Vom Referat IIA,
sobald es sich um kommunistisch-marxistisch eingestellte Elemente handelt,
vom Referat IIC5
bei sogenannten Reaktionären und politisch farblosen Leuten, dazu schwarze Front,
vom Referat IIB
in Fällen, in denen die katholische Einstellung richtunggebend ist (aber nicht Fälle, in denen es heißt Marxist und "Katholik", solche Fälle würden bei IIA zu bearbeiten sein).

Die Statistik über Heimtücke soll nach wie vor bei IIA geführt werden.

c) An die Stapo(leit)stellen sollen von hier aus konkrete Anweisungen nicht gegeben werden, damit die Stapo(leit)stellen selbst Initiative entwickeln und auch die Verantwortung tragen. In allen diesen Fällen ist zurückzuschreiben mit dem Bemerken, daß in eigener Zuständigkeit zu entscheiden ist. Ausgenommen sind natürlich die unter a) erwähnten Fälle, die für eine Sonderbehandlung in dieser oder jener Form geeignet sind.

d) Aus der bei POI. Höfer geführten Kartei sind alle die jenigen Fälle herauszusuchen (Heimtückefälle), die von den betreffenden Referaten in eigener Zuständigkeit weiterbearbeitet werden sollen.

e) Abhören ausländischer Sender:

Bezüglich des Abhörens ausländischer Sender hat IIL auf Sondervortrag entschieden, daß die Stapostellen zunächst dem Gestapa diese Fälle melden sollen, damit hier Erfahrungen gesammelt werden können. Das Verfahren wird also demnach so sein, daß die Stapostelle entscheidet, ob der Betreffende in Schutzhaft zu nehmen ist oder nicht. Die Vorgänge betr. Radio-Abhörens sind hier gesondert zu sammeln. Ab 26. 9. hätte jeden Tag Wiedervorlage der gesammelten Fälle zu erfolgen, um festzustellen, in welchen Fällen Strafantrag durch die Stapostellen zu stellen ist. Entscheidung erfolgt durch II L.

gez. Heller

Quellen:

  1. Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, 1958/4, S. 406ff.
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