3876-PS (1)

Heydrich: Tätigkeits- und Lagebericht Nr. 9

Der Chef der Sicherheitspolizei
und des SD
IV A 1 — B. Nr. 24 B/41 gRs.

Berlin, den 27. 2. 1942.

Geheime Reichsache!

Betrifft: Tätigkeits- und Lagebericht Nr. der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD in der UdSSR.

Anlage: — 1 —

Als Anlage übermittle ich den neunten zusammenfassenden Lagebericht über die Tätigkeit der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD in der UdSSR. Die Lageberichte werden in Zukunft laufend übersandt.

gez. Heydrich.

Beglaubigt:
Unterschrift (unl)
Kanzleiangestellte.

Verteiler:

An die Chefs der Einsatzgruppen A, B, C und D (mit Überdrucken f. d. Einsatzkommandos bezw. Kommandeure der Sicherheitspolizei und des SD)

An den Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD SS-Oberführer Dr. Schöngarth, Krakau

An den Grenzinspekteur I — Ost — SS-Oberführer RuKD. Damzog, Posen

An den Höheren Ss- und Polizeiführer SS-O'Gruf. Jeckeln, Riga, SS-O'Gruf. v. d. Bach, Mogilew, SS-O'Gruf. Prützmann, Kriwoj-Rog, SS-Brif. Korsemann, Rowno

An den Höheren SS- und Polizeiführer SS-O'Gruf. Krüger, Krakau, SS-O'Gruf. Heißmeyer, Berlin, SS-O'Gruf. v. Woyrsch, Dresden, SS-O'Gruf. Schmauser, Breslau, SS-Gruf. Mazuw, Stettin, SS-Gruf. Dr. Kaltenbrunner, Wien, SS-Gruf. Koppe, Posen, SS-Gruf. Staatssekr. Frank, Prag

An den SS- und Polizeiführer SS-Brif. Schröder, Riga, SS-Brif. Wysooki, Kauen, SS-Oberf. Möller, Reval, SS-Brif. Zenner, Minsk, SS-U'Stubaf. Hellwig, Shitomir, SS-Oberf. Scherner, Krakau, SS-Oberf. Wigand, Warschau, SS-Oberf. Oberg, Radom, SS-Brif. Katzmann, Lemberg, SS-Brif. Haltermann, Kiew

An den Reichsverteidigungskommissar f. d. Wehrkreis I, z. Hd. v. Reg. Dir. Köhler, Königsberg/Pr., Reichsverteidigungskommissar f. d. Wehrkreis II, z. Hd. v. Reg. Dir. Buchholz, Stettin, Reichsverteidigungskommissar f. d. Wehrkreis VIII, z. Hd. v. ORR. Dr. Frhr. v. Wrangel, Breslau, Reichsverteidigungskommissar f. d. Wehrkreis XVII, z. Hd v. RR. Dr. Fischer, Wien, Reichsverteidigungskommissar f. d. Wehrkreis XX, z. Hd. v. ORR. Brien, Danzig, Reichsverteidigungskommissar f. d. Wehrkreis XXI, z. Hd. v. RR. Mittendorf, Posen, Reichsverteidigungskommissar f. d. bes. poln. Gebiete — Herrn Generalgouverneur Reichsminister Dr. Frank - z. Hd. v. ORR. Dr. Schepers, Berlin

An den SS-Brif. Harm, Stettin (SS-Oberabschnitt Ostsee)


Geheime Reichssache!

100 Ausfertigungen
67. Ausfertigung

Tätigkeits- und Lagebericht Nr. 9
der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD in der UdSSR.

(Berichtszeit vom 1.1. — 31.1.1942)

I. Standorte.

Die Standorte der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD haben in der Berichtszeit keine Veränderungen erfahren. Die Standorte sind

Einsatzgruppe A: Krasnogwardeisk Einsatzgruppe B: Smolensk
Einsatzgruppe C: Kiew
Einsatzgruppe D: Simferopol.

II. Vollzugstätigkeit. A. Partisanen.

In Tossno wurden dem Einsatzkommando der Sicherheitspolizei und des SD von einem Armeekorps 5 aufgefangene und mit "Walja" unterzeichnete Funksprüche an eine Leningrader Zentrale übergeben. Die sofort eingeleiteten umfangreichen Ermittlungen führten zu einem vollen Erfolge. Aus früheren Feststellungen lagen gewisse Anhaltspunkte hinsichtlich der Person vor. Eine aus Angehörigen des Einsatzkommandos der Sicherheitspolizei und des SD zusammengestellte "Partisanengruppe" erhielt den Auftrag, in dem in Frage kommenden Raum die erforderlichen Feststellungen zu treffen mit dem Ziel, die Funkstation und das gesamte Nachrichtennetz auszuheben. Unter Hinzuziehung von Zivilerkundern konnte in dem Dorf Roteletten bei Schary ein Haus als der vermutliche Standort der Funkstelle in Erfahrung gebracht werden. Nach entsprechender Sicherung erfolgte der Zugriff. In der Wohnung wurden eine alte Frau und ein jüngeres Mädchen angetroffen. Bei der sofort durchgeführten Vernehmung leugneten beide. Die Visitation des Mädchens erbrachte eine Taschenuhr und ein Messer, die als Ausrüstungsgegenstände bolschewistischer Funker erkannt wurden. Auf dem Heuboden des Hauses konnte unter geschickter Tarnung ein Funkgerät mit Empfänger aufgefunden werden. Die Walja erhielt ihre Nachrichten von den Partisanen und Agenten durch die Benutzung sogenannter "Postkisten". Hierbei handelt es sich um an bestimmter Stelle aufgestellte Behältnisse, in die die Vertrauensmänner ihre Nachrichten ablegen. Auf diese Weise soll eine Bekanntschaft zwischen den im roten Nachrichtendienst arbeitenden Personen und Partisanen ausgeschlossen werden.

Die Sowjets haben in letzter Zeit im Nordabschnitt der Front in verstärktem Maße Fallschirmpartisanen zum Einsatz gebracht. So konnten bei Dorpat ein und bei Werro drei Fallschirmabspringer festgenommen werden, die mit Sendegeräten ausgerüstet waren. Bei Käpina gelang die Festnahme eines Russen und von 2 Esten, die ebenfalls mit Fallschirmen abgesetzt worden waren und einen Rundfunkempfänger mit sich führten.

In der Nähe von Abrene erschossen lettische Schutzmannschaften 3 Partisanen und bei Walk 5 weitere Fallschirmspringer. Diese Gruppe führte 33 kg Sprengstoff und 3 Straßenminen mit sich.

Ermittlungen ergaben, daß die Bewohner von Augrina bei Rossitten immer wieder Partisanen Unterschlupf, Verpflegung und Unterstützung gewährt haben. Sämtliche 250 Einwohner wurden festgenommen und erschossen. Das Dorf wurde abgebrannt, wobei sich herausstellte, daß in fast allen Häusern Detonationen von Handgranaten und Munition erfolgten.

Von einer Einsatzgruppe der Sicherheitspolizei und des SD im mittleren Frontabschnitt konnten Versuche der Partisanen, Vertrauenspersonen in den Ordnungsdienst einzubauen, festgestellt und vereitelt werden. 8 Ordnungsdienstangehörige, die Verbindung zu Partisanen unterhielten und als Terrorgruppen tätig werden sollten, wurden festgenommen.

B. Bekämpfung von Kommunisten, Funktionären und Kriminellen.

[...]

C. Juden.

Die Haltung der Juden ist nach wie vor eindeutig deutschfeindlich und kriminell.

Es wird angestrebt, das Ostland möglichst vollständig von Juden zu säubern. Die Erschießungen werden überall so durchgeführt, daß sie in der Öffentlichkeit kaum bemerkt werden. In der Bevölkerung und selbst bei den zurückgebliebenen Juden ist vielfach die Überzeugung verbreitet, daß die Juden lediglich umgesiedelt worden sind.

Estland ist bereits judenfrei.

In Lettland wurde die Zahl der in Riga verbliebenen 29 500 Juden auf 2 500 verringert. In Dünaburg leben noch 962 Juden, die für den Arbeitseinsatz dringend erforderlich sind.

In Litauen wurden das flache Land und die kleinen Städte vollständig von Juden gesäubert. Dies war neben grundsätzlichen Erwägungen besonders vordringlich, weil kommunistische Elemente, insbesondere Terrorgruppen und Kreise der polnischen Widerstandsbewegung, Verbindungen zu den Juden aufnahmen. Die Juden wiederum versuchten mehrfach, in an sich aufbauwilligen litauischen Kreisen eine deutschfeindliche Stimmung zu erzeugen.

Eine besondere Aktivität zeigten die Juden in Zagare. Dort brachen 50 Juden aus dem Ghetto aus, die jedoch wieder ergriffen und erschossen werden konnten. Bei der daraufhin vorbereiteten Erschießung sämtlicher Juden in Zagare griffen die Juden mit den Worten: "Es lebe Stalin" und "Nieder mit Hitler" die Wachmannschaften an. Der Widerstand wurde sofort gebrochen. In Litauen befinden sich nunmehr noch in Kauen 15 000, in Schaulen 4 500 und in Wilna weitere 15 000 Juden, die ebenfalls für den Arbeitseinsatz benötigt werden.

In Weißruthenien ist die Säuberung von Juden im Gange. Die Zahl der Juden in dem bisher der Zivilverwaltung übergebenen Teil beläuft sich auf 139 000 Juden. 33 210 Juden wurden inzwischen von der Einsatzgruppe der Sicherheitspolizei und des SD erschossen.

D. Propagandatätigkeit.

[...]

III. Stimmung und Verhalten der Bevölkerung.

[...]

IV. Polnische Widerstandsbestrebungen.

[...]

V. Organisation ukrainischer Nationalisten (O.U.N.)

[...]

Übersicht:

Quellen:

  1. Der Nürnberger Prozess, Urkunden und anderes Beweismaterial
    Delphin-Verlag, München 1989
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